Wir blicken zurück auf die alljährliche Tagung der Erwerbslosen-Initiativen, die dieses Jahr vom 21. bis 23. Juni im Haus der Kirche in Bad Herrenalb stattfinden konnte. Unter dem programmatischen Titel „Tatort Sozialstaat“ wurden sowohl der Abbau sozialstaatlicher Leistungen, als auch der zunehmende Rechtsruck und andere Phänomene gesellschaftlicher Entsolidarisierung thematisiert. (Tagungs-Programm als PDF)
Freundlicherweise haben uns die Referenten Material zu ihren Vorträgen zur Verfügung gestellt, so dass Inhalte der Tagung auch virtuell nochmal gewürdigt werden können. Sie sind im nachfolgenden kurzen Bericht verlinkt.
Nach der Begrüßung und Einführung in die Tagung durch Klaus-Peter Spohn-Logé vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt Baden konnte Ministerialdirigent Michael Kleiner vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg einige Worte an die Teilnehmer richten. (Erst wenige Wochen zuvor war bekannt geworden, welche Erwerbslosen-Zentren in Baden-Württemberg weiterhin durch das Ministerium finanziell unterstützt werden.)
Anschließend hielt Dr. Jürgen Borchert (Vorsitzender Richter am Hessischen Landessozialgericht a.D.) einen kämpferischen Vortrag über „Sozialstaat, Menschenwürde und Demokratie: Was auf dem Spiel steht“. (Vortrags-Folien als PDF)
Nach dem Abendessen konnten Interessierte sich bei Uwe Riehl von der Erwerbslosenberatung in Pforzheim über Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) informieren. SoLaWi ist ein genossenschaftliches Einkaufsmodell, über das sich dank solidarischer Finanzierung auch Erwerbslose mit biologisch angebautem Gemüse versorgen können.
Den zweiten Tag eröffneten Martin Tertelmann, Jürgen Kaiser und Chafa Bouslimani von DENKFABRIK Neue Arbeit aus Stuttgart mit der Vorstellung ihrer momentan noch laufenden Studie „Demokratie ohne Langzeitarbeitslose“. Unter der Überschrift „Die Enttäuschung der Ausgegrenzten“ fragten sie „Warum sind Erwerbslose vielfach Nichtwähler?“ (Vortrags-Folien als PDF)
Den Rest des Vormittags bestritt der Autor und Redakteur der Frankfurter Rundschau Stephan Hebel mit einem sehr lebendigen Vortrag über den zunehmenden Rechtspopulismus in Deutschland.
Das Skript zu seinem Vortrag „Warum die Erwartungen der AfD-Wähler nicht erfüllt werden“ kann hier als PDF heruntergeladen werden.
Am Nachmittag teilten sich die Teilnehmer*innen in verschiedene Workshops auf. Neben zwei Theaterworkshops („Ausgrenzung in Szene setzen“) der „Wilden Bühne“ aus Stuttgart wurden auch zwei politische Workshops zur Situation von Erwerbslosen angeboten: In Martin Tertelmanns Workshop „Wie kann man Langzeitarbeitslosen und Ausgegrenzten eine Stimme geben und damit Teilhabe ermöglichen?“ (Dokumentation des Workshops hier als PDF) wurde zu der bereits vorgestellten Studie gearbeitet, in dem von Corinna Lenhart (Landesarmutskonferenz) und Fabian Everding (Tübinger Arbeitslosen Treff e.V.) geleiteten Workshop „Soziale Gerechtigkeit! Welche politischen Forderungen haben Erwerbslose zur Bundestagswahl?“ wurden politische Forderungen an die Politik zusammengetragen. Einen Eindruck vom Workshop, der von kontroversen Diskussionen geprägt war, vermitteln die dort entstandenen Stellwände, auf denen Einzel-Vorschläge gesammelt wurden. (Ein Klick aufs Bild führt zum Bild in vollständiger Größe.)
Hier gibt es eine etwas systematischere Auflistung der Forderungen in Stichworten (PDF).
Dank dieser Vorarbeit konnten die Spitzenpolitiker*innen der Parteien beim Podium „Was haben Erwerbslose von der Politik zu erwarten?“ mit den Forderungen der Tagungsteilnehmer*innen konfrontiert werden.
Eingeladen waren Vertreter*innen aller im Bundestag vertretenen Parteien, die wie folgt zum Podium gekommen waren:
- Luisa Boos (Generalsekretärin der SPD Baden-Württemberg)
- Manuel Hagel MdL (Generalsekretär der CDU Baden-Württemberg)
- Oliver Hildenbrand (Landesvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg)
- Jessica Tatti (Kandidatin der Linken aus Reutlingen auf Listenplatz 6 der Baden-Württembergischen Linken)
Die Moderation der Diskussion hatten Klaus-Peter Spohn-Logé und Martin Tertelmann.